B4B MAINFRANKEN: Erinnern Sie sich noch, wann Ihnen der Begriff „digital“ zum ersten Mal begegnet ist?
Andreas Bachmann: Das war im Rahmen meiner Ausbildung zum technischen Zeichner im Jahr 1985. Da startete mit der Einführung von CAD-Software (Computer-Aided Design) die „digitale“ Ablösung von Tuschefüller und Zeichenbrett.
Was haben Sie damals gedacht?
Das wird noch dauern. Der erste Mac war ja gerade eben erst zu unerschwinglichen Preisen vorgestellt worden und die Bürorechner liefen mit MS-DOS. Eine Benutzeroberfläche weit weg von Grafik und Leistungsfähigkeit.
Hätten Sie erwartet, dass daraus ein Top-Management-Thema wird?
Zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Auf meinen weiteren beruflichen Weg wurde ich dann natürlich oft mit den Veränderungen in der Arbeitswelt durch die Digitalisierung konfrontiert.
Im Steinbeis-Zentrum befassen Sie sich mit „Digitaler Kompetenz“. Ein weit gefasstes Thema. Worauf kommt es denn grundsätzlich an?
Digitalisierung wird heute zumeist mit IT und Technologie in Verbindung gebracht. Ich bin jedoch der Meinung, dass – zumindest noch – alles Wichtige bei und zwischen Menschen stattfindet. Menschen treffen die Entscheidung, welche Tools eingesetzt werden und schaffen diese. Wir vermitteln digitale Kompetenz durch Schaffung einer offenen Grundhaltung für die Veränderungen der aktuellen Zeit, durch die Einführung neuer Methoden wie Design Thinking sowie durch Erweiterung bestehender Kompetenzen in den Bereichen Führung und Kommunikation.
Wer hat denn diese Kompetenz schon?
Nur diejenigen, die realisiert haben, dass der Fokus auf den Menschen in der neuen Arbeitswelt liegen muss und sich dahingehend auf den Weg gemacht haben. Da sind noch viel zu wenige, da es bisher fast ausschließlich um IT und Technologie ging. Ein Tool ist schnell eingeführt, um die Menschen kümmern man sich immer erst, wenn man merkt, dass es keine Akzeptanz dafür gibt.
Und wer braucht Sie ganz dringend, hat sie aber noch nicht?
Das ist sehr unterschiedlich. Unternehmer brauchen die Kompetenz digitale Chancen nutzen zu wollen und loszulassen von der „Das haben wir schon immer so gemacht!“-Denke. Führungskräfte brauchen neue Kompetenzen, wenn es um neue Arbeitsformen und die Führung von Mitarbeitern über Distanz geht. Mitarbeiter brauchen interkulturelle Kompetenzen, weil der 20jährige Kollege anders tickt als der 50jährige und sie müssen motiviert sein mehr eigenständiger zu arbeiten.
Gibt es Missverständnisse darüber, was „Digitale Kompetenz“ ausmacht?
Aber natürlich! Lassen Sie doch mal in einem Workshop die acht Teilnehmer auf eine Moderationskarte schreiben, was sie unter „Digitale Kompetenz“ verstehen. Ich wette, Sie erhalten acht verschiedene Definitionen. Ein erster Schritt ist deswegen eine gemeinsame Definition der Begriffe. Das gilt ebenso für Digitalisierung, Digitale Leadership und all die anderen Buzzwords, die viele benutzen und von denen keiner genau weiß, was damit gemeint sein soll.
Wie digital sind Sie selbst? Und wo bleiben Sie lieber analog?
Ich schätze es von überall arbeiten zu können mit Zugriff auf alle Informationen und Daten. Gerne nutze ich auch das unglaubliche Wissenspotential des Internet zur Recherche und tausche mich über Business- und soziale Netzwerke aus. Analog bin ich, wenn ich mein Smartphone aus der Hand lege, es im Auto stundenlang in der Ladeschublade verschwindet oder weil ich Benachrichtigungen für E-Mails oder Nachrichten auf allen Geräten komplett ausgeschaltet habe. Vor allem schätze ich es ein gutes Buch als „echtes“ Buch zu lesen!
Das zweite Thema Ihres Zentrums heißt "Innovation" - seit den 1980er Jahren ein Management-Thema. Hat das nicht inzwischen jeder verinnerlicht?
Innovation steht für Veränderung. Da wo diese planbar ist kommt das Management heute schon sehr gut damit klar. Interessant wird es, wo spontane und kontinuierliche Innovation notwendig ist. Heute kommen Wettbewerber oft aus anderen Branchen, der erste, der etwas auf den Markt bringt ist kaum noch einholbar und Projekte enden nicht mehr. Schon wenn etwas kaum fertiggestellt wurde gilt es zu hinterfragen, welche neuen Möglichkeiten es gibt oder was die Nutzer als nächstes möchten. Da ist eine völlig neue Form von „innovativ sein“ gefordert.
Gehören Innovation und Digitalisierung untrennbar zusammen?
Eindeutig ja! Digitalisierung fordert ob der schnellen Entwicklung immer neuer Möglichkeit Innovation. Andersherum greifen innovative Lösungen meist digitale Chancen auf und nutzen diese.
Woran erkennt man, ob eine Innovation etwas taugt und dass sie etwas bringt?
Das wird einem der Nutzer schon sagen – und wenn es gut gemacht ist, dann weiß man das vorher. Methoden wie Design Thinking beziehen bei der Innovationsentwicklung den Nutzer frühzeitig und umfassend mit ein. Somit weiß man bereits vor der Umsetzung einer Idee, wie diese aussehen muss, was der Nutzer bereit ist dafür zu investieren und somit ob die Welt diese Innovation überhaupt braucht.
Welche Innovation der jüngeren Zeit ist aus Ihrer Sicht besonders gut gelungen?
Ich bin ein großer Fan der sogenannten Sprachassistenten in Geräten oder Maschinen. Ich nutze im Auto kein Mobiltelefon, kann mir aber jederzeit neue Nachrichten über Sprachbefehle vorlesen und ebenso sicher beantworten. Auch die Bedienung im Smarthome um ein Licht zu dimmen oder der Befehl an meinen Laptop „Zeige mir die Dateien von gestern“ vereinfachen Abläufe. Hinzu kommt, dass die Texterkennung inzwischen so gut ist, dass ich genauso schnell Nachrichten diktieren kann wie mein Nachwuchs. So bin ich weiterhin fit für den Wettbewerb.
Und bei welcher haben Sie Sorgen, dass die Folgen und Nebenwirkungen nur unzureichend bedacht wurden?
Da fallen mir am ehesten die Elektrofahrzeuge ein mit all den Diskussionen um die Nachhaltigkeit vom Rohstoffabbau bis zur Verschrottung, die Versorgung mit Ladestrom aus erneuerbaren Energien, wenn die Fahrzeuge in Masse Verbreitung finden usw. Die Technologie ist innovativ und richtungsweisend, doch es gibt noch so viele Dinge, die wir noch nicht abschätzen können, weil alles noch so neu ist.
Steckt Innovationsbereitschaft in jedem Menschen?
Wie haben Sie Radfahren gelernt? Runterfallen und nochmal probieren. Oder wie viele Leben haben Sie bei Super Mario gelassen und es wieder und wieder probiert? Ja, wir alle haben eine Offenheit für Veränderungen, Fehler und somit auch für Innovation. Doch üblicherweise braucht es einen Anlass die eigene Komfortzone zu verlassen. Ich kenne zwei Möglichkeiten: Wenn jemand anderes etwas bereits gemacht hat ist es leichter zu sagen: Wenn der das kann, dann mache ich das auch. Die zweite Variante ist LDS – Lernen Durch Schmerz. Das steht dafür, dass wir etwas so lange tun, bis es schließlich endgültig nicht mehr funktioniert. Auch dann sind wir plötzlich ganz schnell offen für etwas Neues.
Wie groß ist der Anteil des „Könnens“ bei der Innovation – und wie groß der des „Wollens“?
Das müssen wir nicht prozentual aufteilen. Eindeutig ist das „Wollen“ wichtiger, das „Können“ ist manchmal eher eine Einschränkung auf dem Weg zu neuen Lösungen. Wenn Sie innovativ sein „wollen“ gibt es mit der passenden Fehlerkultur und geeigneten Methoden viele Möglichkeiten herauszufinden, was wie funktionieren „kann“. Menschen mit weniger Fachexpertise und Betriebsblindheit liefern in einem Innovationsteam völlig andere Ideen als der Fachexperte, der das seit Jahren ganz tief in einem Thema steckt.
B4B MAINFRANKEN: Erinnern Sie sich noch, wann Ihnen der Begriff „digital“ zum ersten Mal begegnet ist?
Andreas Bachmann: Das war im Rahmen meiner Ausbildung zum technischen Zeichner im Jahr 1985. Da startete mit der Einführung von CAD-Software (Computer-Aided Design) die „digitale“ Ablösung von Tuschefüller und Zeichenbrett.
Was haben Sie damals gedacht?
Das wird noch dauern. Der erste Mac war ja gerade eben erst zu unerschwinglichen Preisen vorgestellt worden und die Bürorechner liefen mit MS-DOS. Eine Benutzeroberfläche weit weg von Grafik und Leistungsfähigkeit.
Hätten Sie erwartet, dass daraus ein Top-Management-Thema wird?
Zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Auf meinen weiteren beruflichen Weg wurde ich dann natürlich oft mit den Veränderungen in der Arbeitswelt durch die Digitalisierung konfrontiert.
Im Steinbeis-Zentrum befassen Sie sich mit „Digitaler Kompetenz“. Ein weit gefasstes Thema. Worauf kommt es denn grundsätzlich an?
Digitalisierung wird heute zumeist mit IT und Technologie in Verbindung gebracht. Ich bin jedoch der Meinung, dass – zumindest noch – alles Wichtige bei und zwischen Menschen stattfindet. Menschen treffen die Entscheidung, welche Tools eingesetzt werden und schaffen diese. Wir vermitteln digitale Kompetenz durch Schaffung einer offenen Grundhaltung für die Veränderungen der aktuellen Zeit, durch die Einführung neuer Methoden wie Design Thinking sowie durch Erweiterung bestehender Kompetenzen in den Bereichen Führung und Kommunikation.
Wer hat denn diese Kompetenz schon?
Nur diejenigen, die realisiert haben, dass der Fokus auf den Menschen in der neuen Arbeitswelt liegen muss und sich dahingehend auf den Weg gemacht haben. Da sind noch viel zu wenige, da es bisher fast ausschließlich um IT und Technologie ging. Ein Tool ist schnell eingeführt, um die Menschen kümmern man sich immer erst, wenn man merkt, dass es keine Akzeptanz dafür gibt.
Und wer braucht Sie ganz dringend, hat sie aber noch nicht?
Das ist sehr unterschiedlich. Unternehmer brauchen die Kompetenz digitale Chancen nutzen zu wollen und loszulassen von der „Das haben wir schon immer so gemacht!“-Denke. Führungskräfte brauchen neue Kompetenzen, wenn es um neue Arbeitsformen und die Führung von Mitarbeitern über Distanz geht. Mitarbeiter brauchen interkulturelle Kompetenzen, weil der 20jährige Kollege anders tickt als der 50jährige und sie müssen motiviert sein mehr eigenständiger zu arbeiten.
Gibt es Missverständnisse darüber, was „Digitale Kompetenz“ ausmacht?
Aber natürlich! Lassen Sie doch mal in einem Workshop die acht Teilnehmer auf eine Moderationskarte schreiben, was sie unter „Digitale Kompetenz“ verstehen. Ich wette, Sie erhalten acht verschiedene Definitionen. Ein erster Schritt ist deswegen eine gemeinsame Definition der Begriffe. Das gilt ebenso für Digitalisierung, Digitale Leadership und all die anderen Buzzwords, die viele benutzen und von denen keiner genau weiß, was damit gemeint sein soll.
Wie digital sind Sie selbst? Und wo bleiben Sie lieber analog?
Ich schätze es von überall arbeiten zu können mit Zugriff auf alle Informationen und Daten. Gerne nutze ich auch das unglaubliche Wissenspotential des Internet zur Recherche und tausche mich über Business- und soziale Netzwerke aus. Analog bin ich, wenn ich mein Smartphone aus der Hand lege, es im Auto stundenlang in der Ladeschublade verschwindet oder weil ich Benachrichtigungen für E-Mails oder Nachrichten auf allen Geräten komplett ausgeschaltet habe. Vor allem schätze ich es ein gutes Buch als „echtes“ Buch zu lesen!
Das zweite Thema Ihres Zentrums heißt "Innovation" - seit den 1980er Jahren ein Management-Thema. Hat das nicht inzwischen jeder verinnerlicht?
Innovation steht für Veränderung. Da wo diese planbar ist kommt das Management heute schon sehr gut damit klar. Interessant wird es, wo spontane und kontinuierliche Innovation notwendig ist. Heute kommen Wettbewerber oft aus anderen Branchen, der erste, der etwas auf den Markt bringt ist kaum noch einholbar und Projekte enden nicht mehr. Schon wenn etwas kaum fertiggestellt wurde gilt es zu hinterfragen, welche neuen Möglichkeiten es gibt oder was die Nutzer als nächstes möchten. Da ist eine völlig neue Form von „innovativ sein“ gefordert.
Gehören Innovation und Digitalisierung untrennbar zusammen?
Eindeutig ja! Digitalisierung fordert ob der schnellen Entwicklung immer neuer Möglichkeit Innovation. Andersherum greifen innovative Lösungen meist digitale Chancen auf und nutzen diese.
Woran erkennt man, ob eine Innovation etwas taugt und dass sie etwas bringt?
Das wird einem der Nutzer schon sagen – und wenn es gut gemacht ist, dann weiß man das vorher. Methoden wie Design Thinking beziehen bei der Innovationsentwicklung den Nutzer frühzeitig und umfassend mit ein. Somit weiß man bereits vor der Umsetzung einer Idee, wie diese aussehen muss, was der Nutzer bereit ist dafür zu investieren und somit ob die Welt diese Innovation überhaupt braucht.
Welche Innovation der jüngeren Zeit ist aus Ihrer Sicht besonders gut gelungen?
Ich bin ein großer Fan der sogenannten Sprachassistenten in Geräten oder Maschinen. Ich nutze im Auto kein Mobiltelefon, kann mir aber jederzeit neue Nachrichten über Sprachbefehle vorlesen und ebenso sicher beantworten. Auch die Bedienung im Smarthome um ein Licht zu dimmen oder der Befehl an meinen Laptop „Zeige mir die Dateien von gestern“ vereinfachen Abläufe. Hinzu kommt, dass die Texterkennung inzwischen so gut ist, dass ich genauso schnell Nachrichten diktieren kann wie mein Nachwuchs. So bin ich weiterhin fit für den Wettbewerb.
Und bei welcher haben Sie Sorgen, dass die Folgen und Nebenwirkungen nur unzureichend bedacht wurden?
Da fallen mir am ehesten die Elektrofahrzeuge ein mit all den Diskussionen um die Nachhaltigkeit vom Rohstoffabbau bis zur Verschrottung, die Versorgung mit Ladestrom aus erneuerbaren Energien, wenn die Fahrzeuge in Masse Verbreitung finden usw. Die Technologie ist innovativ und richtungsweisend, doch es gibt noch so viele Dinge, die wir noch nicht abschätzen können, weil alles noch so neu ist.
Steckt Innovationsbereitschaft in jedem Menschen?
Wie haben Sie Radfahren gelernt? Runterfallen und nochmal probieren. Oder wie viele Leben haben Sie bei Super Mario gelassen und es wieder und wieder probiert? Ja, wir alle haben eine Offenheit für Veränderungen, Fehler und somit auch für Innovation. Doch üblicherweise braucht es einen Anlass die eigene Komfortzone zu verlassen. Ich kenne zwei Möglichkeiten: Wenn jemand anderes etwas bereits gemacht hat ist es leichter zu sagen: Wenn der das kann, dann mache ich das auch. Die zweite Variante ist LDS – Lernen Durch Schmerz. Das steht dafür, dass wir etwas so lange tun, bis es schließlich endgültig nicht mehr funktioniert. Auch dann sind wir plötzlich ganz schnell offen für etwas Neues.
Wie groß ist der Anteil des „Könnens“ bei der Innovation – und wie groß der des „Wollens“?
Das müssen wir nicht prozentual aufteilen. Eindeutig ist das „Wollen“ wichtiger, das „Können“ ist manchmal eher eine Einschränkung auf dem Weg zu neuen Lösungen. Wenn Sie innovativ sein „wollen“ gibt es mit der passenden Fehlerkultur und geeigneten Methoden viele Möglichkeiten herauszufinden, was wie funktionieren „kann“. Menschen mit weniger Fachexpertise und Betriebsblindheit liefern in einem Innovationsteam völlig andere Ideen als der Fachexperte, der das seit Jahren ganz tief in einem Thema steckt.